In ihrer neuesten Erzählung entführt uns Antje Babendererde in einen kleinen Küstenort in Schottland. Dort begleiten wir die junge Carlin auf ihrem Weg in und durch die Erwachsenenwelt mit all ihren schönen und herausfordernden Seiten.
Die 16jährige Carlin aus Berlin reist nach Schottland, um ihre Grossmutter zu besuchen. Sie hat soeben ihre Schule abgeschlossen. Zuhause hat Carlin es nicht wirklich gut, denn schon sehr lange leidet sie unter Isolation und der psychischen Erkrankung ihrer Mutter, welche in Deutschland gerade in die Psychiatrie eingeliefert worden ist. In Schottland gelingt es Carlin, sich langsam von der schwierigen und oftmals belastenden Mutter-Tochter-Beziehung zu distanzieren und durch Land und Leute neue Lebensentwürfe kennenzulernen. Ruhe und Freude findet sie vorallem auch in und an der wilden Schönheit der Natur.
Doch recht schnell muss Carlin feststellen, dass auch im schönen Caladale nicht alles eitel Sonnenschein ist. Seit Jahrhunderten verfeindete Clans, Aberglaube, starre Traditionen und Geldgier sorgen immer wieder für Konflikte und Ärger.
Und unbeschwert ist auch die Liebesgeschichte nicht, die in diesem Roman erzählt wird. Gleich zu Beginn ihres Ferienaufenthaltes begegnet Carlin dem 19jährigen Schotten Arran.
Er sitzt nach einem tragischen Unfall, bei dem sein bester Freund ums Leben kam, im Rollstuhl und ist ausserdem noch der Spross ausgerechnet desjenigen verhassten Lords, der das verpachtete schottische Land an einen reichen Norweger verhökern will. Seinen Schmerz und Kummer ertränkt der junge Student im zügellosen Konsum von Whisky und verschanzt sich hinter sarkastischen Bemerkungen. So hart er sich nach Aussen gibt, so verletzlich und empfindsam ist er im Innern. Wenn er allein ist, beobachtet er die Tierwelt der Küste, malt, zeichnet und dreht kleine Naturfilme. Carlin, welche selber in ihrer Vergangenheit gefangen ist und zwischen zärtlicher Zuneigung für Arran, Wagemut und Ängsten hin- und hergeworfen wird, nähert sich dem jungen Mann (allen Warnungen von Aussen zum Trotz) immer wieder und immer weiter an. Aber ihre Gefühle werden auf eine harte Probe gestellt...
MEINE MEINUNG:
Bisher habe ich schon viele Romae der Autorin gelesen (zuletzt "Schneetänzer") und war jedes Mal begeistert. Insbesondere die einfühlsame Art und Weise, mit der Antje Babendererde über das Schicksal der Amerikanischen Native People schreibt, hat mir immer wieder gut gefallen. Die Hauptfiguren ihrer Bücher sind einem auf Anhieb sympathisch, und ich habe mit ihnen auf ihren Entwicklungswegen immer wieder mitgefiebert. Diesesmal hatte ich persönlich bei "Sommer der blauen Wünsche" zum ersten Mal überhaupt mit einer Hauptperson in Antje Babendererdes Büchern ein wenig Mühe. Das oftmals hysterische und ständig wechselnde Verhalten von Carlin habe ich nicht verstanden. Auch einige Wendungen innerhalb der Geschichte (vor allem gegen Ende) kamen für mich überraschend. So stelle ich es mir schwierig vor für alle Menschen, die im Rollstuhl sitzen, dass Arran ganz plötzlich wieder laufen und mit Carlin am Strand herumtollen kann, sodass ihrer Liebe nun nichts mehr im Weg steht. Und auch die plötzliche Einsicht und Wandlung der Mutter zum Positiven kam sehr überraschend.
FAZIT:
„Sommer der blauen Wünsche“ ist ein flüssig zu lesender Roman, der uns die Lebens- und die Gefühlswelt der unterschiedlichsten Personen nahebringt und zeigt, wie wichtig und herausfordernd es vor allem für junge Menschen ist, den eigenen Weg zu finden und dazu zu stehen. Wie gewohnt überzeugt Babendererde auch in ihrem neuesten Buch wieder durch die liebevollen und anschaulichen Natur- und Tierbeschreibungen und die sorgfältig recherchierten Lebensumstände der Hauptpersonen. Mich persönlich hat die Art und Weise der Auseinandersetzung mit den Themen "Sexualität" und "Behinderung" jedoch nicht vollkommen überzeugt.
(18. März 2021)
Informationen zum Buch:
Sommer der blauen Wünsche • Antje Babendererde • Arena Verlag • Originalausgabe 2021 • 385 Seiten • ISBN 978-3-401-60540-1
Jugendroman ab 12 Jahren