29. Mai 2022
Wenn man ein Buch über «die Geschichte der Welt in Büchern» schreiben möchte, hat man sich allerhand vorgenommen. Bücher über Bücher sind in der Regel für Lesebegeisterte immer ein Magnet. Und so habe auch ich mich schon lange auf die deutsche Übersetzung dieses Buches gefreut. Allerdings kann ich im Nachhinein nur jeder Leserin und jedem Leser raten, sich den spanischen Originaltitel vor Augen zu führen. Der lautet nämlich in etwa: «die Erfindung des Buches in der antiken Welt». Und das ist es im Grunde, wovon «Papyrus» handelt: Die Bibliothek von Alexandria, Homer, die Griechen, das Alte Rom. Andere Kulturen jedoch, in welcher ja ebenfalls die Buchentwicklung schon sehr früh zur Blüte kam (etwa in China), kommen nicht vor. Das ist das Erste.
Das Zweite aber ist, dass ich, wenn ich mich schon in einem so eng gesteckten Rahmen aufhalten soll, dann einen strukturierten Text, ein zusammenhängendes Ganzes erhoffe. Bestimmt verfügt die Autorin über ein enormes Wissen als studierte Philologin. Und ein bisschen kenne ich selbst mich auch in dieser Materie aus. Und da muss ich leider sagen: Dieses Buch bleibt dann wieder zu sehr an der Oberfläche.
«Papyrus» ist weder ein Sachbuch noch ein Roman. Es lässt mich wirklich ratlos zurück. Für Laien ist es nur bedingt geeignet, weil man oft nicht genau unterscheiden kann: Was ist jetzt historisch gesichertes Wissen und was entspringt der Fantasie der Autorin? Für Leser, die sich schon öfter mit der antiken Welt befasst haben, bietet es dagegen nicht wirklich etwas Neues.
In diesem Buch mischen sich Fakten und Fantasie. Tatsachenberichte über kultur- und weltgeschichtliche Ereignisse aus der Antike werden ergänzt durch romanhafte Erzählungen, in welchen die Autorin beschreibt, wie sie sich vorstellt, dass es gewesen sein könnte. Das hat seinen Reiz, aber nicht durchgängig. Vor allem dann nicht, wenn es den Lesefluss permanent unterbricht. Der rote Faden in diesem Werk geht verloren durch diesen nicht nachvollziehbaren Wechsel von Fachwissen, Fantasieaufsatz und persönlichen Anekdoten. Innerhalb des Buches springt die Autorin im antiken Kulturraum hin und her und erzählt nicht chronologisch. Auch dadurch wirkt es unstrukturiert. Und Spruchweisheiten, die man ja so oder ähnlich schon hundertmal gehört hat im Sinne von «Bücher verleihen der Fantasie Flügel, öffnen Welten, Wissen und Lesen sind Macht usf. » passen wirklich nicht zum Anspruch dieses Buches. Irgendwann hatte ich genug davon und die letzten Seiten nur noch durchgeblättert.
Was ich wirklich mag, ist dieses: Aus jeder Seite spricht die Liebe der Verfasserin zu Büchern und Literatur. Das Ziel, Menschen Bücher nahezubringen ist nobel und schön. Und natürlich ist auch das Cover ein Hingucker mit der zum Titel passenden Papyruspflanze in Goldglanz. Aber ich habe mich in diesem über 700 Seiten grossen Labyrinth leider komplett verirrt.
Informationen zum Buch:
Papyrus • Irene Vallejo • Diogenes Verlag • 1. Auflage 2022 • 752 Seiten • ISBN 978-3-257-07198-6
Roman
Unbezahlte Werbung:
Herzlichen Dank an den Diogenes Verlag für die kostenlose Zuverfügungstellung des Rezensionsexemplars.